KongoUrwald, Gorillas & Kalaschnikows
„Weißt Du überhaupt, was Du da tust, was das für ein Land ist, in das Du reisen willst?“ mein Freund Ulf wirkt erschrocken. Er war jahrelang in Afrika unterwegs und kennt die Länder und Verhältnisse wie seine Westentasche. Ja, klar, ich weiß es. Die Demokratische Republik Kongo gehört wohl zu den kompliziertesten und gefährlichsten Ländern auf dem schwarzen Kontinent. Und ich wäre ja auch nicht unbedingt auf die Idee kommen, dorthin zu fliegen, wäre da nicht ein zutiefst verlockendes Ziel: Der aktive Vulkan Nyiragongo, der im Inneren seines Kraters noch bis vor kurzem einen faszinierenden Lavasee vorweisen konnte.
Nach sorgfältigen Abwägungen reise ich nach Goma, einer 2-Millionen-Einwohner Metropole ganz im Osten dieses riesigen Landes, direkt an der Grenze zu den Nachbarländern Ruanda und Uganda. Dort sind die Folgen des Dauer-Bürgerkriegs und zweier Vulkanausbrüche nicht zu übersehen. Goma bedeutet für seine Einwohner – das merke ich sehr schnell – puren Überlebenskampf.
Roberto Suárez aus Uruguay ist hier als Blauhelmsoldat für die Uno-Friedenstruppe stationiert. Ich krame meine Spanischkenntnisse heraus und komme mit ihm ins Gespräch. Nein, meint er desillusioniert, er sehe keine Chance für Frieden in diesem Land. Im Gegenteil: Wie viele andere Länder sei auch die DRC (Demokratische Republik Kongo) ein Spielball und Opfer großer internationaler Politik und der Industrie. „Hier geht´s um Bodenschätze, meist um seltene Erden. Und die sind viel einfacher und billiger zu fördern, wenn hier Chaos herrscht. Kinderarbeit, Massenvergewaltigungen, Auslöschungen von ganzen Dörfern interessieren die Großmächte nicht. Das war nie anders und es wird nie anders sein.“
Aber dann lerne ich im Virunga-Nationalpark die ganz andere Seite des Landes kennen: Im wohl schönsten und abwechslungsreichsten Nationalpark ganz Afrikas stehe ich den seltenen Berggorillas auf nur wenigen Metern Entfernung gegenüber, verbringe die Nächte auf dem Kraterrand des Nyiragongo oder genieße Idylle auf der Caldera-Insel Tchegera mitten im Kivu-See. Und ich wundere mich über die Freundlichkeit und die Lebensfreude der Kongolesen, die im Schatten des Vulkans in stetiger Angst vor dessen massiven Ausbrüchen und den Auswirkungen des Bürgerkriegs weder ihre Zuversicht noch ihren Lebensmut verloren haben.